Zu Fuß zur Schule

Mehr Freude am Gehen –
ein Beitrag zum Mobilitätsmanagement an Grundschulen

Ursachen für Hol- und Bring Verkehre verstehen

Seit Jahren steigt der Anteil der Kinder, die mit dem Auto zur Grundschule kommen. Bei schlechtem Wetter sind dies heute im Schnitt über 31 % der Kinder, die angeben, regelmäßig mit dem Auto gebracht zu werden. Freie Schulwahl, zunehmende Autoverfügbarkeit, sich wandelnde Erwerbsbiografien, Zeitdruck in den Familien oder auch die Sorge der Eltern vor Verkehrsunfällen durch wachsende Verkehrsmengen, können Ursachen für zunehmende Hol- und Bring Verkehre im Umfeld der Grundschulen sein.
Eltern stellen heute auch höhere Ansprüche an die Sicherheit der Schulwege. Weisen diese aus Elternsicht unzumutbare Mängel auf, so fahren sie ihre Kinder mit dem privaten Pkw. Die so schon früh eingeübte Mobilität überträgt sich dann häufig auch auf die Wege in der Freizeit. Daher kann von einer sich entwickelnden „Negativspirale“ ausgegangen werden. Unsicher empfundene Wege verursachen mehr Autoverkehr. Dieser kann dann objektiv unsichere Wege erzeugen und somit noch mehr Autoverkehr vor den Schulen hervorrufen.

Moderne Lösungsansätze für ein komplexes Eltern-Taxi-Phänomen

Appellative Ansprachen von Eltern oder repressive Maßnahmen haben bisher nicht den gewünschten Erfolg gebracht, daher sollten neue Wege zur Fußverkehrsförderung beschritten werden. Grundschulkinder gehen wieder häufiger zu Fuß zur Schule, wenn die Fußwege aus Elternperspektive zumutbar und sicher sind und wenn die Kinder Motivation besitzen, diese Wege auch zu Fuß zu gehen. Hierzu gehören als Schlüsselfaktoren, dass die Wege nicht zu weit sind und die Schulwege über „kindgerechte“ Überquerungsstellen verfügen, denn heute werden Schulwege über einen Kilometer Länge von vielen Eltern leider schon als zu weit empfunden.
Haben Eltern Sorge vor Straßenverkehrsunfällen oder vor Belästigungen, weil z.B. die soziale Kontrolle (Bebauung, Beleuchtung, andere zu Fuß gehende Kinder) fehlt, dann nutzen Sie häufiger das Auto.
Zu den Erfolgsfaktoren für mehr Freude am zu Fuß gehen und damit weniger Hol- und Bring Verkehr vor den Schulen gehören drei Schlüsselkriterien, die in Kombination erfüllt sein sollen (MAS-Kriterien):

  • Motivation
  • Attraktivität
  • Sicherheit

Besorgten Eltern reicht oftmals bereits eine Stelle auf dem Schulweg, die als „Barriere“ empfunden wird, um ihre Kinder mit dem Auto zur Schule zu bringen. Dies kann z.B. eine als unsicher empfundene Überquerungsstelle sein. Weitere, häufig benannte Probleme sind zudem erhöhte Geschwindigkeiten, fehlende Überquerungshilfen, Konflikte an Überquerungsstellen und für Kinder zu komplexe Verkehrssituationen, die dann zu Hol- und Bring Verkehren führen.

*Bueffee-Erhebungen Elternbefragung zum Mobilitätsverhalten von Kindern an Grundschulen (70 Grundschulen, 17 Städte, 6 Bundesländer) n=7000 Stand: Juli 2017

Seit dem Jahr 2013 wachsen die praktischen Erfahrungen mit dem neuen Ansatz, das Elterntaxi-Phänomen an Grundschulen mit Hol- und Bring-Zonen und dem Verkehrszähmer-Programm und einer modernen Schulwegplanung zu bewältigen. Im Rahmen der Erarbeitung eines Kinder- und Jugendmobilitätskonzeptes erfolgte eine prototypische Umsetzung der drei Projektbausteine.

Der Referent Jens Leven hat gute Erfahrungen mit der Umsetzung des Konzeptes gemacht. Von einer Reduzierung der Elterntaxis vor den Grundschulen um durchschnittlich 50 %, einer verbesserten Verankerung von Mobilitätsbildung in der Grundschule und sichereren Schulwegen, darf vor dem Hintergrund bisheriger Erfahrungen bei motivierter Umsetzung des Modells ausgegangen werden.

Ein komplexes „Problem“ ist nicht durch eine einfache Lösung zu bewältigen. Eine Kombination aus gezielten und erprobten Maßnahmen kann das Mobilitätsverhalten an Schulen deutlich verbessern.
Gute Erfolge sind in interdisziplinärer Teamarbeit zu erzielen. Zu diesem Team gehören die Lehrer und Schulleitung, die Elternvertretung, die Schulträger, die Eltern, die Kinder, die Polizei, die Straßenverkehrsbehörde, der Straßenbaulastträger sowie die tangierten politischen Fachausschüsse der Kommune. Es kann zweckmäßig sein, die Gesamtkonzeption und die Projektarbeitsschritte in den Fachausschüssen  (z.B. Schulausschuss, Planungs- und Verkehrsausschuss) vorzustellen und ein politisches Votum für die Umsetzung des Gesamtkonzeptes zu gewinnen, da ggf. im Projektverlauf Maßnahmen zur Schulwegsicherung umgesetzt werden müssen.

Die Umsetzung von Hol- und Bring Zonen ohne intensive Beteiligung der oben genannten Akteure gefährdet den Projekterfolg.